Geht es bei der Hochbegabung und Vielbegabung eigentlich nur um den IQ oder auch EQ?
Eine einheitliche Definition für Hochbegabung gibt es laut einigen Experten nicht. Eine jedoch allgemein anerkannte Begriffsbestimmung ist folgende: Ein hochbegabter Mensch erreicht in einem normierten IQ-Test einen Wert über 130. Dieser Test misst klassischerweise das logische und räumliche Denkvermögen sowie die Rechen-, Sprach- und Gedächtnisfähigkeit.
Doch ist die Hochbegabung nicht nur auf die rationale Intelligenz beschränkt, sondern findet sich auch im musikalischen, sozialen, emotionalen, kreativ-künstlerischen und sportlichen Bereich wieder.
Die Vielbegabung ist ein Teilgebiet der Hochbegabung. Dazu später mehr.
Die Hoch- und Vielbegabung wird, ebenso wie andere neurodiverse Eigenschaften genetisch vererbt.
Hochbegabte als Visionäre, Idealisten und Genies
Typische Eigenschaften von Menschen mit einem hohen IQ können folgende sein: Sie erfassen, verknüpfen, verarbeiten, speichern und rufen eine Vielzahl von Informationen schneller ab. Ihr Denken findet dabei nicht immer in sequenziellen, sondern in parallelen Prozessen statt.
Ebenfalls hinterfragen viele Hochbegabte gerne gesellschaftliche Normen und haben eine hohes Gerechtigkeitsempfinden. Sie können perfektionistisch, idealistisch sowie visionär veranlagt sein. Manche sind wahre Genies und ihrer Zeit weit voraus. Wie beispielsweise Marie Curie, Albert Einstein und die weniger bekannte Esther Lederberg – die Mutter der Mikrobiologie sowie Pierre Louis Moreau de Maupertuis – als Universalgelehrter und Wegbereiter der Evolutionstheorie.
…..aber auch Selbstzweifler und Sonderlinge
Häufig entdecken Menschen mit einer Hochbegabung ihr/e Talent/e erst spät. Obgleich sie Unglaubliches vollbringen können – oftmals sind sie in einem Bereich hochbegabt – fühlen sich viele falsch und unverstanden. Sie gelten nicht selten als Sonderlinge und werden daher ausgegrenzt. Auch deshalb haben manche mit Selbstzweifeln und einem geringen Selbstwert zu kämpfen.
Man erkennt sie also nicht immer auf den ersten Blick, aufgrund klassischer Merkmale wie z.B. sehr guten Noten, Referenzen oder einem guten Selbstbewusstsein. Oft muss man zweimal hinsehen, bis man hinter einem außergewöhnlichen Lebenslauf und einer beispielsweise ausgeprägten sozialen oder kreativen Ader einen hochbegabten Menschen entdeckt.
Bin ich hochbegabt? Solltest du dir diese Frage stellen, kannst du neben kostenlosen Tests im Internet, auch bei dem bekannten Verein Mensa oder bei dafür spezialisierten Psychologen Tests machen lassen. In Deutschland gibt es jedoch nicht nur einen, sondern zahlreiche zugelassene Tests, die unterschiedliche Schwerpunkte abfragen.
Vielbegabung als Teilgebiet der Hochbegabung
Die Vielbegabung ist wie oben erwähnt ein Teilgebiet der Hochbegabung. Vielbegabte werden auch als Scanner-Persönlichkeiten bezeichnet. Diesen Begriff formte ursprünglich die Autorin Barbara Sher.
Auch bei den Vielbegabten kann man sowohl Over – als auch Underachiever wiederfinden, die sich in beiden Varianten nicht im eigentlichen Spektrum ihrer Leistungsfähigkeit verwirklichen.
Vielbegabt oder Scanner-Persönlichkeit
Eine Scanner-Persönlichkeit interessiert sich meist parallel oder seriell für mehrere Lebensthemen und/oder Berufsbilder, die sie sich praktisch und/oder theoretisch aneignet. Auch sie braucht immer ein gewisses Maß an geistiger Herausforderung und Impulstiefe, um sich ausgelastet und wohl zu fühlen. Sich festzulegen – sei es auf einen Beruf oder eine Tätigkeit – fällt ihr nicht nur schwer, sondern scheint unmöglich zu sein, da sie so gegen ihre natürliche Veranlagung agieren müsste.
Die o. g. Attribute der Hochbegabung treffen häufig auch auf die vielseitig Begabten zu. Unter ihnen finden sich z.B. Autodidakten und Visionäre, die mit eher unkonventionelle Lösungen aufwarten, um den gesellschaftlichen Herausforderungen ihrer Zeit zu begegnen. Viele lieben die Freiheit und lassen sich ungern in eine Schublade(n) stecken, weshalb sie ihren ganz eigenen Weg finden müssen, um im Leben zufrieden zu sein.
Unterschiedliche Ausprägungen neurodiverser Eigenschaften
Hoch- und vielbegabte Menschen können auch die Eigenschaften der Hochsensibilität oder Hochsensitivität aufweisen sowie umgekehrt. Das scheint jedoch nicht immer der Fall zu sein. Wir gehen davon aus, das die Ausprägungen dieser Veranlagungen vermutlich so vielfältig sind, wie es neurodiverse Menschen gibt. Zumindest belegen das immer wieder reale Beispiele aus dem Praxisalltag.
Mehr Forschungsarbeit und eine differenzierte Darstellung in den Medien
Bis heute sind schon viele Talente entdeckt. Die Dunkelziffer von unentdeckten hoch- und vielbegabten Menschen kann jedoch nur geschätzt werden. Gesellschaftlich fehlt(e) bisweilen die Akzeptanz und in den Medien ist die Darstellung teilweise undifferenziert. Daher wäre es hilfreich, diese und auch andere marginalisierte Themen gleichermaßen in den Fokus zu rücken, um eine gesellschaftliche Gleichbehandlung zu stärken.
Dazu gehört auch die Forschungsarbeit auf diesem Gebiet. Sie könnte einen wertvollen Beitrag dazu leisten, den Menschen gerecht zu werden, die Eigenschaften „außerhalb der Norm“ haben und oft im Stillen leiden. Darüber hinaus würde sie diesen Menschen ein Standing verschaffen, damit ihre Begabungen ernst genommen und mehr zum Wohle der Gesellschaft eingesetzt werden könnten.
Quellen:
Blakemore, Erin. National Geographic. Geschichte und Kultur. 7 Genies, von denen ihr vermutlich nie gehört habt – und warum das so ist. https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2017/05/7-genies-von-denen-ihr-vermutlich-nie-gehoert-habt-und-warum-das-so-ist (Stand: 03.04.2022
sofatutor-Magazin Eltern. Hochbegabung erkennen und richtig fördern. https://magazin.sofatutor.com/eltern/ist-mein-kind-hochbegabt/ (Stand: 04.08.2022)